Präventive Handlungsstrategien im Handlungsraum Schulleben
Die hier vorgestellten präventiven Handlungsstrategien regen dazu an, Antisemitismusprävention als Schulentwicklungsaufgabe zu begreifen, um so die demokratische Schulkultur zu stärken. Dabei spielen schulart- und fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsziele, insbesondere Politische Bildung, Werteerziehung und Bildung für nachhaltige Entwicklung eine zentrale Rolle. Nur wenn Schule von der gesamten Schulgemeinschaft als offen, integrativ und wertschätzend erfahren wird, kann Antisemitismusprävention gelingen.
Schulentwicklung – Leitbildprozess
Eine wichtige Rolle für die Präventionsarbeit nimmt die Schulentwicklung ein. Denn der Schulentwicklungsprozess ermöglicht es, Antisemitismusprävention auf verschiedene Weise nachhaltig im Schulleben zu verankern, z. B. als Entwicklungs- bzw. Erhaltungsziel im Schulentwicklungsprogramm oder auch im Kontext der Leitbildentwicklung einer Schule. Wichtig ist dabei, dass Schulentwicklungsprozesse nicht nur durch ein Kollegium getragen werden, sondern aus der Zusammenarbeit von Kollegium, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern und Erziehungsberechtigten heraus entstehen und gemeinsam gelebt werden.
Dabei sollte u. a. darauf abgezielt werden, den Schutz vor Diskriminierung in der Schule zu gewährleisten und ihn institutionell zu verankern, sodass er deutlich zu einer gesamtschulischen Aufgabe wird, der sich alle am Schulkontext Beteiligten verpflichtet sehen.
Insbesondere den Konzepten der Politischen Bildung, eingedenk einer kritischen Medienbildung, der Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie der Werteerziehung kommen dabei wichtige Schlüsselrollen zu.
Netzwerke und Kooperationen
Kooperationen und Netzwerke im Rahmen der Demokratie- und Wertebildung können dazu beitragen, grundlegende demokratische Werte wie z. B. die Achtung vor der Würde des Menschen, die Freiheitsrechte, das Recht auf Gleichheit, Solidarität und Gerechtigkeit im täglichen Umgang miteinander zu erleben, sodass Kinder und Jugendliche eine demokratische Grundhaltung aufbauen können (vgl. „Verantwortung und Vorbild“ Portal Politische Bildung).
Mehr als 3.400 Schulen deutschlandweit haben sich inwischen entschieden, dass sie eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ sein wollen und damit für eine Welt eintreten wollen, in der die Gleichwertigkeit aller Menschen gelebt wird. Antisemitismus hat keine Chance, wenn sich die Schulfamilie nachhaltig für die Gleichwertigkeit aller Menschen und gegen jede Form von Diskriminierung einsetzt.
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zielt nach eigenen Aussagen auf eine diskriminierungssensible Schulkultur und Dauerhaftigkeit im Engagement ab.
Auf der Webseite des Netzwerkes finden sich Netzwerkpartner und regionale Ansprech- sowie Kooperationspartnerinnen und -partner. Darüber hinaus können Lehrkräfte hier auf Materialien zugreifen, die sie bei der Erarbeitung bestimmter Themen unterstützen.
Speziell im Kontext der Antisemitismusprävention bietet das Netzwerk folgende Unterlagen an:
In Bayern gibt es 13 jüdische Gemeinden, die sich als Ansprechpartnerinnen anbieten und zu denen man Kontakt aufnehmen kann. Das Angebot sieht u. a. vor, einen Vertreter bzw. eine Vertreterin der Gemeinde direkt an eine Schule zu einem (Podiums-)Gespräch einzuladen oder als Klasse oder Kollegium eine jüdische Gemeinde vor Ort zu besuchen (vgl. dazu auch „Meet a Jew“).
- Beispiel der Otto-Schwerdt-Schule Burgweinting in Zusammenarbeit mit der jüdischen Gemeinde Regensburg
In dem Projekt „YouthBridge: Jugend baut brücken“ werden Jugendliche aus verschiedenen Communities (z. B. jüdische, muslimische, christliche Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Kontexten) im Raum München zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet, die anschließend in ihrer Gemeinschaft sowie auch in der Schulgemeinschaft als Vorbild wirken sollen. Das Ausbildungsprogramm der Europäischen Janusz Korczak Akademie in München gibt den Jugendlichen dabei die Möglichkeit, sich auch mit verschiedenen Aspekten der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sowie Verschwörungsideologien zu beschäftigen.
Theaterpädagogische Ansätze
Das Junge Theater Augsburg bietet mit seiner Produktion „Tacheles” ein mobiles Theaterstück zur Antisemitismusprävention an.
Das Theaterstück basiert auf Recherchematerial, autobiografischen Erlebnissen und O-Tönen junger Jüdinnen und Juden. Mit markanten Beispielen aus dem Fußballverein, dem Rap und der Verschwörungsszene will es das Publikum für antisemitische Vorurteile sensibilisieren.
Das vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales geförderte Projekt besteht aus zwei obligatorischen Teilen:
- Impulstheaterstück inkl. anschließendem Nachgespräch (90 Minuten) (Das Stück wird ausschließlich als mobile Produktion für Schulen angeboten, Spielort ist immer eine Schulturnhalle.)
- Workshop für ein Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft (90 Minuten)
Mehr Informationen und Buchungsmöglichkeiten finden sich auf der Webseite.
Elternarbeit
Zur Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft können sich Schulen im Beratungs- und Unterstützungsbedarf an die Ansprechpartner „Kooperation Elternhaus – Schule“ (Ansprechpartner KESCH) wenden. Gemeinsam mit ihnen können Wege gefunden werden, wie Antisemitismusprävention konkret als Teil der Elternarbeit an einer Schule thematisiert wird. Um Eltern und Erziehungsberechtigte schon vor einem konkreten Vorfall für die Thematik zu sensibilisieren, können in Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat u. a. auch Beratungs- bzw. Aufklärungsabende in Kooperation mit externen Expertinnen und Experten angedacht werden.